Notfallpatient Krankenhaus? Krankenhäuser zwischen Bürokratielast, Überregulierung und Patientenfürsorge
Mitgliederversammlung der KGSAN fand in Halle statt
Halle, 05.09.2019 – Gestern trafen sich die Vertreter der Krankenhausträger und Krankenhäuser im Land Sachsen-Anhalt in Halle zu ihrer diesjährigen Mitgliederversammlung. Zu Gast waren auch Landtagsabgeordnete der Fraktionen von CDU, SPD und DIE LINKE, Sozialministerin Petra Grimm-Benne sowie der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft Georg Baum. Die Veranstaltung stand unter der Überschrift „Notfallpatient Krankenhaus? Krankenhäuser zwischen Bürokratielast, Überregulierung und Patientenfürsorge“.
In seiner Begrüßung verwies der Vorsitzende der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt (KGSAN) Prof. Dr. med. Wolfgang Schütte auf die zunehmende Bürokratisierung und Reglementierung im Krankenhausbereich. Der ausufernde Kontrollwahn erschwere die Arbeit im Krankenhaus zunehmend. „Misstrauen herrscht auf allen Ebenen: MDK-Prüfungen, G-BA – Beschlüsse, Wirtschaftsprüfer-Nachweise – alles Symptome und Folgen einer um sich greifenden gesellschaftlichen Kultur des Misstrauens, die auch vor dem Gesundheitswesen nicht Halt macht“, so Schütte. Als Beispiel nannte er die Einführung von Personaluntergrenzen und die damit verbundenen Sanktionen. Die rigorose Einhaltung der Personaluntergrenzen zwinge Kliniken, sich zeitweise von der Versorgung abmelden zu müssen. Es könne nicht Ziel der Regelungen sein, die Versorgung der Patienten zu gefährden, indem Kliniken bestraft werden, wenn sie diese Versorgung auch unter schwierigen Bedingungen aufrecht zu erhalten suchen. „Die Praxis zeigt: Pflegepersonaluntergrenzen stellen keine Verbesserungen dar – weder für die Pflege noch für die Patienten“, resümierte Schütte.
Auch Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, kritisierte den zunehmenden Dokumentationsaufwand für die Kliniken, die den Einsatz jeder einzelnen Pflegekraft für jede einzelne Schicht gegenüber den Krankenkassen nachweisen müssen. Im 2. Quartal 2019 haben 96 Prozent der Krankenhäuser die vorgeschriebenen Untergrenzen eingehalten. Der enorm hohe Aufwand rechtfertige in keiner Weise den Nutzen. „Es ist Zeit“, so Baum, “mit dieser Installierung des bürokratischen Wahnsinns aufzuhören“ und die Pflegepersonaluntergrenzen durch Pflegepersonal-Anhaltszahlen abzulösen. DKG, Verdi und Deutscher Pflegerat arbeiten derzeit intensiv an einem Konzept der Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus und wollen dieses bis Ende des Jahres vorlegen.
Die Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt Petra Grimm-Benne betonte, die flächendeckende stationäre Versorgung dürfe nicht durch überzogene Anforderungen gefährdet werden. Sachsen-Anhalt habe mit allen an der Krankenhausplanung Beteiligten Rahmenvorgaben für den neuen Krankenhausplan erarbeitet, die die Qualität der stationären Versorgung im Land sicherstellen würden. Den anwesenden Krankenhausvertretern versicherte sie, die Krankenhäuser in der Fläche erhalten zu wollen. „Wir brauchen eine qualitätsgesicherte flächendeckende Versorgung“, so Grimm-Benne, allerdings dürfe die landesbezogene Krankenhausplanung nicht durch den Bund übermäßig reglementiert werden.
Der Krankenhausexperte Prof. Dr. Volker Penter ging in seinem Vortrag zur Digitalisierung von Krankenhausprozessen der Frage nach, welche Anforderungen die Digitalisierung an die Krankenhäuser stellt und ob sie zur Entbürokratisierung beitragen könne. „Digitalisierung ist mehr als die Umsetzung von Zetteln in IT“, so Penter. Sein Fazit: Digitalisierung wird nicht die Bürokratisierung abschaffen, sie zwinge aber das Gesundheitswesen zu radikalen Veränderungen.
Die Veranstaltung fand große Resonanz in den Medien, dpa, Presse, Rundfunk und Fernsehen berichteten. Hier einige Links:
https://www.mdr.de/sachsen-anhalt-heute/video-334232_zc-37460f2c_zs-0dc2cd9a.html
https://www.volksstimme.de/sachsen-anhalt/pflegebedarf-buerokratie-laehmt-kliniken-im-land
https://www.mdr.de/sachsen-anhalt/morgenticker-donnerstag-krankenhaus-zu-viel-buerokratie100.html