Grundlegende Probleme der Krankenhäuser bleiben ungelöst
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PRESSEMITTEILUNG
25 Jahre Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt
Halle, 30.09.2015 – In einem Festakt hat die Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt (KGSAN) heute in Halle ihr 25-jähriges Bestehen gewürdigt.
Prof. Dr. Wolfgang Schütte, Vorsitzender der KGSAN, hob in seiner Begrüßungsrede die sehr gute Qualität des deutschen Gesundheitswesens hervor. Zugleich mahnte er vor dem Hintergrund der anstehenden Krankenhausreform die drängenden Probleme, die den Krankenhäusern unter den Nägeln brennen, an. „Die anhaltende Unterfinanzierung im Betriebskostenbereich, die hohen Belastungen des Personals, mitunter Personalengpässe, der Sanierungsstau infolge unzureichender Investitionsfinanzierung und der steigende Behandlungsbedarf insbesondere in den Notfallambulanzen werden mit der geplanten Krankenhausreform nicht angegangen. Im Gegenteil: Der Regierungsentwurf sieht weitere Belastungen und Kürzungen vor“, so Schütte.
Sozialminister Norbert Bischoff würdigte in seinem Grußwort die Rolle der Kliniken im Land. Er bedankte sich für die gute Zusammenarbeit, die trotz Meinungsverschiedenheiten und Streitfragen nie in Frage gestellt werde. Zur Frage der ungenügenden Investitionsfinanzierung durch die Landesregierung sagte er: „Wir haben am Ende sieben Jahre gebraucht, um die Krankenhäuser der DDR zu modernisieren“. Dafür seien Kredite durch das Land aufgenommen worden, die heute noch getilgt würden. „Die Ausstattung der Kliniken heute ist modern und insgesamt relativ gut“, so Bischoff. Bezug nehmend auf die aktuelle Lage der Flüchtlinge im Land, bedankte sich der Minister bei den Krankenhäusern. Viele Kliniken in Sachsen-Anhalt haben ihre Hilfe bei der Behandlung von Flüchtlingen angeboten. Dies sei eine Frage der Menschlichkeit. Die Kliniken, so Bischoff, leisteten so einen großen Beitrag zum Abbau von Vorurteilen.
Über die Umstrukturierung des ostdeutschen Gesundheitswesens nach der Wiedervereinigung referierte Hartmut Reiners. Reiners, der als Ministerialbeamter den Umbau direkt miterlebt hat, verglich die Polikliniken der ehemaligen DDR mit den heutigen Versuchen, über Selektivverträge, komplizierte Regelungen zur spezialfachärztlichen Versorgung und Innovationsfonds intergierte Versorgungsstrukturen zu fördern. „Zwar gab es auch in Westdeutschland in den 1980er Jahren gewichtige Stimmen, die eine in diese Richtungen gehende Reform des Gesundheitswesens forderten. Aber die waren politisch noch nicht mehrheitsfähig, was sich erst in den 2000er Jahren allmählich änderte“, so Reiners.
Über den Wandel der Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt sprach der ehemalige Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Prof. Dr. Wolfgang Böhmer. Böhmer war selbst lange Jahre als Chefarzt im Krankenhaus tätig, bevor er zur Politik wechselte. Er hob vor allem die Umstellung des Finanzierungssystems hervor, die der Krankenhausbereich Anfang der 90iger Jahre als Erstes bewältigen musste. Mit der erneuten Umstellung der Krankenhausfinanzierung auf das DRG-System vor zehn Jahren seien nicht alle Probleme behoben worden, sagte Böhmer. Heute gelte es, die Gradwanderung zwischen privatrechtlichen Leistungserbringern auf der einen Seite und staatlichem Versorgungsauftrag auf der anderen Seite zu bewältigen.
Karl Blum, Forschungsleiter am Deutschen Krankenhausinstitut Düsseldorf, bestätigte dies. „Zehn Jahre nach Einführung des neuen Preissystems schreiben mehr Krankenhäuser Verluste als vor der Einführung“, so sein Resümee. Die grundlegenden Probleme der Kliniken – die nicht sachgerechte Finanzierung der Betriebskosten, die hohen Personalkostensteigerungen und die unzureichende Investitionsfinanzierung – seien nicht gelöst worden. „Krankenhäuser werden flächendeckend zu Sanierungsfällen, wenn Politik und Selbstverwaltung keine tragfähigen und langfristigen Lösungen entwickeln“, so Blum.
Die Landeskrankenhausgesellschaft war im August 1990 als erster ostdeutscher Krankenhausverband gegründet worden. Zwei Jahre später erarbeitete das Ministerium für Arbeit und Soziales den ersten Krankenhausplan für Sachsen-Anhalt. Mit 72 Häusern und 25.572 Betten wurde damals die stationäre Versorgung Sachsen-Anhalts gewährleistet. Im Laufe der Jahre führten Krankenhausschließungen und -fusionen dazu, dass sich die Zahl der Häuser auf heute 48 reduzierte. Auch die Trägerlandschaft veränderte sich. Waren 1992 vor allem öffentliche Träger von Krankenhäusern präsent, durchzieht heute eine bunte Mischung aus öffentlichen (11), freigemeinnützigen (17) und privaten (17) Krankenhausträgern das Land Sachsen-Anhalt.