Aufhebung der Pflegepersonaluntergrenzen, Wiedereinführung der Freihaltepauschale

Krankenhäuser Sachsen-Anhalts fordern neuen Rettungsschirm

Halle, 05.11.2020 – Die Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt fordern für die zweite Corona-Welle einen Rettungsschirm der Bundespolitik. Um die anstehenden Herausforderungen durch die Pandemie stemmen zu können, ist es notwendig, die Untergrenzen für Pflegepersonal aufzuheben und erneut eine Bezahlung für freigehaltene Corona-Betten sicherzustellen, fordert die Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt (KGSAN). „Angesichts steigender Infektionszahlen auch in Sachsen-Anhalt benötigen die Kliniken verlässliche Rahmenbedingungen, um für die zweite Welle gewappnet zu sein“, stellt KGSAN-Geschäftsführer Dr. Gösta Heelemann klar. Die Kliniken seien zwar auf steigende Patientenzahlen vorbereitet. Durch den Aufbau von Reservekapazitäten im Intensivbehandlungsbereich sind deutlich mehr Beatmungsbetten verfügbar, als dies noch im März der Fall war. Die Behandlung infizierter Patienten erfolgt strikt getrennt, auch der Infektionsschutz für die Krankenhausmitarbeiter wurde optimiert. Die Bevorratung von persönlicher Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln ist gesichert. Wie überall in Deutschland haben sich auch in Sachsen-Anhalt  regionale Netzwerke zwischen Krankenhäusern etabliert, die sich gegenseitig unterstützen und von denen die Patientinnen und Patienten nun wieder profitieren werden, auch überregional. Keiner muss sich sorgen, nicht behandelt zu werden.

Dennoch fürchten die Krankenhäuser eine drohende Überforderung ihrer Kapazitäten. Damit diese nicht eintritt, benötigen die Kliniken die Unterstützung der Politik.

Bereits vor zwei Wochen hat die Landeskrankenhausgesellschaft deshalb Frau Ministerin Grimm-Benne in einem Brief gebeten, die Krankenhäuser zu unterstützen und sich beim Bund für ihre Forderungen stark zu machen. Dazu gehören die sofortige Aussetzung der Pflegepersonaluntergrenzen und die Weiterzahlung der Freihaltepauschalen bis zum Ende der Pandemie, damit sich die Kliniken auf die Versorgung der Covid-19-Patientinnen und Patienten konzentrieren können. Ansonsten drohen den Krankenhäusern Liquiditätsengpässe zum 1. Januar 2021. „Das kann doch nun wirklich niemand wollen“, sagt KGSAN-Geschäftsführer Heelemann. Auch die Fortführung der Verkürzung der Zahlungsfrist bei Krankenkassen auf fünf Tage nach Rechnungseingang und die notwendige Reduzierung personalbindender Bürokratie durch Fortführung der Absenkung der MDK-Prüfquote von 12,5 auf 5 % pro Quartal sei das mindeste, was man verlangen könne, so Heelemann.

HINTERGRUND:

Personaluntergrenzen

Mit der Ersten Verordnung zur Änderung der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung hatte Bundesgesundheitsminister Spahn die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung mit Wirkung zum 1. März 2020 ausgesetzt und damit auf die veränderte Situation durch die Corona-Pandemie reagiert. Ab dem 1. August 2020 wurden die Personaluntergrenzen per Verordnung für die Bereiche Intensivmedizin und Geriatrie wieder eingeführt, obwohl ein Ende der Pandemielage zu diesem Zeitpunkt keinesfalls absehbar war und dies bei Weitem auch nicht sein wird. In den Kliniken wird gerade jetzt, wo auch Mitarbeiter erkrankt sind, Personal gebraucht. Statt zu reagieren und die Personaluntergrenzen-Verordnung angesichts steigender Infektionszahlen sofort wieder auszusetzen, plant der Bundesgesundheitsminister eine Ausweitung der Pflegepersonaluntergrenzen auf die großen medizinischen Bereiche der Chirurgie, der Inneren und der Pädiatrie zum 01.01.2021! Das steht im absoluten Widerspruch zu dem Bemühen, die Pandemie mit maximaler Flexibilität und dem Einsatz aller verfügbaren Ressourcen medizinisch zu bewältigen. Nach den Erhebungen, die die Grundlage für die Anhaltszahlen sind, müssten 25 % aller Krankenhäuser Pflegepersonal in diesen Bereichen aufstocken. Das ist angesichts des Personalmangels unmöglich. Damit werden die Möglichkeiten der Krankenhäuser, Pflegepersonal flexibel bei steigendem Corona-Versorgungsbedarf im Krankenhaus umzusetzen, massiv eingeschränkt.

Freihaltepauschale

Steigende Infektionszahlen erfordern, dass zunehmend auch wieder Betten freigehalten werden müssen. Die hierfür zur Sicherstellung des Krankenhausbetriebes eingeführten Freihaltepauschalen sind zum 30.09.2020 ausgelaufen, obwohl eine normale Auslastung unter Pandemiebedingungen nach wie vor nicht möglich ist. Dies betrifft z. B. die Umsetzung von Hygienekonzepten und Abstandsregeln in Krankenzimmern, aber auch die Vorhaltung von Kapazitäten für die vorübergehende Isolation von Corona-Test-Patienten bis zum Vorliegen ihres Testergebnisses. Solange die Pandemie dauert, müssen auch die Ausgleichspauschalen weitergezahlt werden.

Liquiditätssicherung

Die Budgetverhandlungen sind für das Jahr 2020 aufgrund der unklaren Rechtslage und Corona bedingten Leistungsausfällen noch nicht begonnen worden. Das hat zur Folge, dass viele Finanzierungstatbestände aus dem Jahr 2020 offen bleiben und den Krankenhäusern des Landes für die Liquiditätssicherung dringend benötigte Mittel fehlen. Zudem endet am 31.12.2020 die mit der Pandemie eingeführte Zahlungsfrist der Krankenkassen, die eine Rechnungsbegleichung gegenüber den Krankenhäusern innerhalb von fünf Tagen vorsah. Bereits im 4. Quartal dieses Jahres werden die Krankenhäuser unter einer hohen Liquiditätsbelastung leiden, wenn die Weihnachtsgeldauszahlungen an das Krankenhauspersonal anstehen und die Folgen des Wegfalls der Ausgleichspauschale spürbar werden.